Text: Vilsbiburger Zeitung, 22.05.1999, Georg Soller

Ehrenbürger 1999 - Josef Billinger

Ehrenbürger 1999 Josef Billinger - Bild: Vilsbiburger Zeitung

Josef Billinger mit Ehefrau und Erster Bürgermeister Helmut Haider (von rechts); Bild: Vilsbiburger Zeitung

"Kein Job, sondern eine Herausforderung"

Ehrenbürgerrecht an Altbürgermeister Josef Billinger verliehen

Dank für große Lebensleistung

30 Jahre lang war Josef Billinger Bürgermeister der Stadt Vilsbiburg. Beinahe ein ganzes Arbeitsleben lang lenkte er die Geschicke der Stadt, verhandelte, motivierte, gab die Richtung vor und baute, baute, baute. Zu seinem 60. Geburtstag wurde er als der Baumeister des modernen Vilsbiburgs bezeichnet, wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag verlieh ihm der Stadtrat durch die Hand von Bürgermeister Helmut Haider das Ehrenbürgerrecht. In seiner Dankesrede sagte Billinger, dass ihm diese Ehrung mehr bedeute, als alle anderen Auszeichnungen, die ihm zuvor zuteil wurden.

 

Die Festversammlung im Sitzungssaal des Rathauses spendete im Stehen Beifall, als Bürgermeister Helmut Haider seinem Vor-Vorgänger im Amt am Donnerstag Abend die handgemalte Urkunde überreichte. "Josef Billinger galt immer als elanvoller und kompromissbereiter Bürgermeister, der seine Amtsgeschäfte ohne Parteibrille geleitet hat. Er hat seine Ziele nie aus den Augen verloren und stets nach vorne, in die Zukunft geschaut," sagte Haider.

Zu seinem 25. Dienstjubiläum hatte Billinger gesagt: "Ich persönlich habe die Ausfüllung dieses Amtes immer als eine Aufgabe, mehr noch als einen Auftrag gesehen, bei dem das Wort Pflicht ein bisschen umfassender zu sehen ist als bei anderen Berufen." Aufmerksame Bürger sahen oft weit nach Dienstschluss das Licht im Bürgermeisterzimmer des Rathauses brennen. Billinger erarbeitete sich Fachwissen bis ins Detail und suchte oft nach innovativen, möglichst wirtschaftlichen Lösungen. In den 30 Jahren seiner Amtszeit habe er mit dieser Haltung Vilsbiburg zu einer fortschrittlichen Stadt mit allen notwendigen, öffentlichen Einrichtungen entwickelt, sagte Haider in seiner Laudatio.In dem von Billinger mitgestalteten, großen Kapitel Stadtgeschichte habe er die kleine Stadt zu einem Wirtschaftsstandort gewandelt. Nach der für Vilsbiburg unglücklich verlaufenen Landkreisreform 1972 wurde unter seiner Regie aus der Behördenstadt eine der Zeit angepasste Einkaufs- und Dienstleistungsstadt. "Für Ihre herausragende Leistung, sehr geehrter Herr Billinger, will Ihnen der Stadtrat danken und diese Leistung mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts würdigen", sagte Bürgermeister Haider. Der Akt als solcher sei schon länger geplant gewesen, aber man habe ihn bewusst in den besonderen Rahmen des Stadtjubiläums eingefügt. Danach überreichte er dem neuen Ehrenbürger die Ernennungsurkunde.

In seiner Dankesrede bezeichnete Josef Billinger diesen Tag als etwas ganz Besonderes: "Ich möchte Ihnen als Erstes sagen, dass ich mich schlicht und einfach herzlich freue". Der sparsame Umgang des Stadtrates, diesen Titel zu verleihen, mache einen Teil seines hohen Wertes aus. (1957 wurde BGR Franz Xaver Hirl, 1964 Pater Olaf Becht und 1989 Fritz Dräxlmaier sen. das Ehrenbürgerrecht verliehen, Anm. d. Red.)Dennoch wäre Billinger nicht Billinger, würde er seine Leistung nicht zugleich auch als das Verdienst derer sehen, die ihn auf seinen Wegen begleitet haben: "Darum sehe ich in diese Ehrung auch alle Mitglieder des Stadtrates in diesen 30 Jahren mit einbezogen", sagte er und vergaß auch die Leistungen der Stadtverwaltung im weitesten Umfang nicht. In diesem Zusammenhang erwähnte der Altbürgermeister auch seine Familie, "die für mein Engagement durch Verzicht auf Mann und Vater in vielen Stunden bezahlen mussten und ihren Anteil an der Stressbelastung erdulden durften." Darum versuche er heute als mit Freude bemühter Opa eine kleine Wiedergutmachung an seinen drei Enkeln.

Das Amt des Bürgermeisters habe er nie als Job angesehen, so Billinger weiter, sondern mehr als eine Herausforderung und Aufgabe. "Wenn man junge und erwachsene Bürger bei jeder Gelegenheit und besonders in den Vereinen zur eigenen Anstrengung und Opfer aufruft, dann darf man selber nicht bloß eine 40-Stunden-Woche bringen"" sagte er. Aus diesem Grund habe er Opportunisten und Anpasser, die den bequemsten Weg suchten, immer "dick" gehabt.Die wichtigste Aufgabe für Stadtrat und Bürgermeister sah und sieht Billinger darin, sparsam und verantwortungsvoll zu wirtschaften. Der wirtschaftliche Erfolg hierin schaffe erst die finanziellen Voraussetzungen für ein Tätigwerden im gesellschaftspolitischen Bereich; denn ohne Geld werde man die Attraktivität und die Urbanität der Stadt nur schwer steigern können.

Billinger war hierin sehr erfolgreich. In den 30 Jahren seiner Amtszeit stieg das Haushaltsvolumen der Stadt von knapp 1 Million Mark auf mehr als 29 Millionen Mark, das städtische Personal von 54 auf 112 Mitarbeiter. Billinger baute nicht nur die Infrastruktur der Stadt aus, sonder förderte den Sport, kommunalisierte die Volkshochschule und wirkte bei der Gründung der Musikschule mit.Drei Lehrer dieser Einrichtung umrahmten den Festakt am Donnerstag abend musikalisch. Als Gäste waren neben der Familie Billingers und dem Stadtrat auch vier Träger der Bürgermedaille, die Rathausspitze, die Leiter der Stadtwerke sowie Altbürgermeister Georg Straßer anwesend. Der Abend klang bei einem kalten Buffet im Sportpark-Restaurant aus.