"Der Herr möge ihr reichlich vergelten..."
Vilsbiburger Zeitung, 10.01.1991
Bürgermedaille für Oberschwester Odalrike und Schwester Sophronia - Oberschwester verabschiedet
Vilsbiburg. An ihrem 87. Geburtstag wurde am Dienstag Oberschwester Odalrike (Barbara Buchbinder) offiziell aus Vilsbiburg verabschiedet, wo sie 40 Jahre lang segensreich gewirkt hat. Zusammen mit Schwester Sophronia ( Luise Straubinger), die ebenfalls schon seit 40 Jahren in Vilsbiburg zum Wohl der Kranken tätig ist, wurde sie nach einem Festgottesdienst in der Stadtpfarrkirche im Rahmen eines Festaktes im Pfarrheim St. Josef von der Stadt Vilsbiburg für ihr selbstloses Wirken im Dienst der Nächstenliebe mit der Bürgermedaille aus ausgezeichnet. Auch die dritte "im Bunde" der Vilsbiburger Niederlassung des Dritten Ordens, Schwester Ermenhildis ( Maria Schwing), die seit 33 Jahren in Vilsbiburg tätig ist, wurde geehrt. Sie erhielt den Ehrenteller der Stadt "mit Option auf die Bürgermedaille", wie Bürgermeister Peter Barteit meinte, wenn sie noch ein paar Jahre in Vilsbiburg bleibe.
Die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Marianne Stürzer, konnte zu dem Festakt im Pfarrheim eine große Zahl von Ehrengästen begrüßen. Unter ihnen waren auch die Patres Olaf und Zeno, die Pfarrer Kasper und Götzinger, Schwester Bernadette von Karmel sowie Ehrenbürger, Träger des Ehrenringes und der Bürgermedaille der Stadt Vilsbiburg, Kreis- und Stadträte, Pfarrgemeinderäte und viele Bürger, die den Schwester verbunden sind. Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde vom Blockflötenensemble der Musikschule unter der Leitung von Rolf- Ulrich Denzer sowie der Pfarrsingschule unter Hans Magerl. Museumsleiter Lambert Grasmann zeigte im Anschluss an den offiziellen Teil Lichtbilder.
Ein Tag des Dankens
Bürgermeister Peter Barteit stellte fest, dass der Tag des Abschieds von Schwester Odalrike natürlich für Vilsbiburg schmerzlich sei, er gebe aber auch als ein Tag des Dankens an ein "ständiges Symbol für den Dienst am leidenden Mitmenschen" Grund zur Freude und Genugtuung. Auch in Vilsbiburg seien die Schwestern des Dritten Ordens "Lotsen" gewesen, die der Gesellschaft direkt nützten, indem sie immer halfen, "gefährliche Klippen auf dem Strom des Lebens zu umschiffen", sagte Barteit. Er wies aber auch darauf hin, dass Krankheiten zwar Krisen im Leben seien, dass sie aber auch eine heilsame Erfahrung sein könnten, "wenn einem dabei jemand wie unsere Schwestern geschenkt wird, von dem man Zuneigung und Hilfe in der Not erfährt".
Die Schwestern des Dritten Ordens seien in Vilsbiburg nicht nur Helfende bei körperlichen Gebrechen gewesen, sondern sie seien immer auch "Pflegerinnen des Geistes" gewesen. Neben der körperlichen Betreuung habe bei ihnen immer auch das Gespräch mit dem Kranken gestanden, das Gebet und die Zuversicht. "Die Schwestern des Dritten Ordens wurden uns auch gesandt, um uns aufzurütteln und neu auf soziale und karitative Fragen zu besinnen", sagte Barteit. Die grundsätzliche Bejahung der Existenz des Nächsten hätten die Schwestern in Vilsbiburg immer in vorbildlicher Weise praktiziert. Und weil nach Gottfried Keller "Wohlwollen und Liebe nicht gehegt werden können, ohne den Träger zu veredeln" sei es für den Stadtrat nicht nur eine selbstverständliche Pflicht, sondern auch eine leichte und einstimmige Entscheidung gewesen, die besonderen Verdienste der Schwestern Odalrike und Sophronia für ihre nunmehr 40jährige segensreiche Tätigkeit in Vilsbiburg durch die Verleihung der Bürgermedaille zu ehren und auch den 33jährigen Dienst am Nächsten, den Schwester Ermenhildis geleistet habe, mit dem Ehrenteller Stadt zu würdigen.
In Vilsbiburg zählt noch der Mensch
Nachdem der Bürgermeister die Medaillen und den Ehrenteller überreicht hatte, wandte sich Stadtpfarrer Siegfried Heilmer an die ausgezeichneten Schwestern und gratulierte ihnen zu der Ehrung, er sprach aber auch dem Bürgermeister den Dank dafür aus, dass die Stadt einer karitativen Einrichtung diese hohe Auszeichnung habe zukommen lassen. "Dies ist Ausdruck dafür, dass in Vilsbiburg der Mensch noch sehr viel zählt", sagte der Pfarrer. Die Drittordensschwestern seien Menschen guten Willens, die ihr Leben der Sorge um den kranken Menschen verschrieben hätten. Sie seien allein ihrem christlichem Auftrag verpflichtet. Ihr Anliegen sei die ganzheitliche Pflege des kranken Menschen, denn "nicht nur die medizinische Versorgung, sondern gerade die menschliche Zuwendung, die aus ihrer Glaubenstiefe kommt, wollen sie schenken" sagte der Pfarrer.
Heilmer erinnerte dann an die erste Zeit, als die Drittordensschwestern gerade nach Vilsbiburg gekommen waren und an manche amüsante Begebenheit, aber auch an die kleinen menschlichen Schwächen der Schwestern, bevor er zur Verabschiedung der gerade 87 Jahre alt gewordenen Schwester Odalrike kam, die jetzt endlich nach München ins Mutterhaus umzogen ist, um dort in Ruhe ihren Lebensabend zu genießen. Dass sie am Tag der Ehrung und des Abschieds gerade ihren 87. Geburtstag feiern könnte, sei doppelter Anlass zur Freude und zum Dank. Noch heute gehe Schwester Odalrike frisch und aufrecht, sie sei stets korrekt gekleidet und achte auch darauf, immer freundlich zu sein. "Ich glaube, es ist auch ein Gütezeichen für Vilsbiburg, wenn sie nun in ihrem hohen Alter so gepflegt, frisch und rüstig ins Mutterhaus Nymphenburg in München zurückkommt", meinte der Pfarrer und er versicherte der äußerlich fast zerbrechlich wirkenden kleinen Frau, die soviel Kraft und Zuversicht hat, dass sie den Vilsbiburgern "in den Gedanken und im Herzen" bleiben werde. "Ich wünsche Ihnen", sagte Stadtpfarrer Heilmer abschließend, dass der Herrgott Ihnen all das Gute und ihren selbstlosen Einsatz für die Vilsbiburger nicht erst in der Ewigkeit lohne, sondern schon jetzt, damit Sie noch viele schöne Jahre in Gesundheit und geistiger Frische in der Gemeinschaft Ihrer Mitschwestern im Mutterhaus verbringen können."
Muttergottes für Schwester Odalrike
Dann überreichte der Pfarrer der scheidenden Schwester als Abschiedsgeschenk der Pfarrgemeinde eine Muttergottesstatue, die Schwester Odalrike glücklich an sich drückte. Es hätte der Pfarrgemeinde nichts Besseres als Abschiedsgeschenk einfallen können, meinte Schwester Odalrike mit einem Blick voller Zärtlichkeit und Liebe auf die schöne Holzschnitzerei.
Nachdem sich Schwester Odalrike auch im Namen ihrer Mitschwestern für die hohen Ehrungen bedankt hatte, trat noch der Vilsbiburger Ehrenbürger Pater Olaf ans Redenerpult. Als Gleichaltriger erinnerte er an "damals", als noch 18 Ordensschwestern im Altlandkreis Vilsbiburg tätig waren, die sich dann jeden Monat mit ihm trafen, um Erfahrungen auszutauschen und sich über allerlei zu unterhalten. Auch daraus hätten die Schwestern immer wieder neue Kraft für ihre schwere Arbeit im Dienst am Nächsten geschöpft. Als "Botin der Liebe des menschgewordenen Gottes" wünschte Pater Olaf der ins Mutterhaus zurückkehrenden Schwester Odalrike: "Der Herr möge ihr reichlich vergelten für all das, was sie in seinem Namen Gutes getan hat!"
-nt-