Seit 2008 küren die Landesmusikräte jedes Jahr ein Musikinstrument des Jahres. In diesem Jahr haben sie sich für das
älteste Musikinstrument entschieden: die Stimme. Sie löst die Tuba ab, die 2024 das Instrument des Jahres war. Doch wie funktionieren die Stimme und das Singen eigentlich? Und wie gelingt es einer Gruppe von Sängern, als Gruppe einen wohltuenden Klang zu erzeugen? Wir haben beim Erwachsenchor der Musikschule nachgefragt: Die letzte Chorprobe 2024 findet in einem Raum der Vilsbiburger Musikschule statt. Rund zwei Dutzend Männer und Frauen im Alter zwischen 28 und 74 Jahren lesen Noten- und Liedblätter ab und singen nach – ihre Stimmen füllen den Raum. Jede Stimme ist einzigartig, vereinen sich die Stimmen, entsteht ein harmonisch-musikalisches Werk. Chorleiterin Michaela Stahnke ist überzeugt: „Jeder kann singen.“
Mit dem Gesang der Gruppe wird es im Zimmer wärmer. Chorleiterin Stahnke begleitet am Klavier. Zwischen den Liedern ratschen die Chormitglieder und lachen miteinander. Jede Woche kommen sie aus dem ganzen Landkreis, um gemeinsam zu singen und Spaß zu haben. „Ich bewundere, dass ihr jede Woche da seid“, sagt die Chorleiterin.
Alle lachen.
„Man bekommt Gänsehaut davon“
„Mir gefällt, dass es in der Gruppe lustig ist“, sagt Tanja Salm, die im Chor singt. Was sie besonders begeistert: „Wenn wir manche Lieder singen, fängt alles an zu vibrieren und zu schwingen, das ist unglaublich. Man bekommt Gänsehaut davon.“ Viele Leute singen gerne, aber sie trauen sich nicht, allein zu singen, sagt die Chorleiterin. Das Menschliche ist ein wichtiger Teil – „und eine gute Chorleiterin“, hört man aus dem Raum. Was auch wichtig ist:
Das Singen genießen. Nach einer Stunde Singen gehe man mit einem richtig guten Gefühl nach Hause, sagt Chormitglied Meinrad Ettengruber.
„Und ich gehe erschöpft nach Hause“, so Stahnke. „Aber glücklich.“ Alle im Raum lachen wieder. Meinrad Ettengruber singt mit seiner Frau im Chor gemeinsam. Er erinnert sich an seine erste Chorprobe, als er ohne Erfahrung, aber mit großer Begeisterung in die Musikschule gekommen ist. „Ich wollte immer in einem Chor singen.“ Er hat damals angefangen, einfach mitzusingen – „und dann ging es weiter“. Er wusste aber nicht, dass alle Teilnehmer nach Stimmen in drei Gruppen verteilt sind. Ettengruber saß in der Sopran-Gruppe – der Gruppe mit den höchsten Stimmen. Nun sitzt er auf dem richtigen Platz und singt in tiefem Alt. Der Chor ist dreistimmig: Sopran, Mezzosopran und Alt. „Ich habe Komposition- Arrangements studiert, deswegen habe ich relativ schnell im Ohr, welche Stimme wohin passt“, sagt Michaela Stahnke. Hört die Chorleiterin im Radio ein passendes Lied für den Chor, arrangiert sie es zuhause und arbeitet für alle drei Stimmen Noten aus. Dann schlägt sie das Lied dem Chor vor.
„Das ist so schwierig. So ein schwieriges Lied haben wir noch nie gesungen“, sagen die Chormitglieder dann öfter. Stahnke antwortet fast immer gleich: „Das wird scho.“ Meistens schafft es die Gruppe: „Wenn ich das Ergebnis höre, bin ich fast immer zufrieden“, sagt Stahnke. Im Repertoire gibt es Lieder auf Deutsch, Englisch, Bairisch und sogar Schwedisch, weil alle im Raum unterschiedliche musikalische Geschmäcker haben. Durch Kompromisse versucht die Gruppe, die Balance im Repertoire zu halten. Michaela Stahnke ist überzeugt: Es gibt keinen Menschen, der nicht
singen könnte. „Jeder kann das Beste von sich geben, weil die Stimme unser Instrument, das wir besitzen, ist.“
Beim Singen könne man das Instrument nur verbessern. „Es ist aber nicht zu erwarten, dass man
wie Whitney Houston singen wird.“
Doch kann man die Stimme möglichst gut durch Übungen und richtige Atemtechnik beherrschen. „Und hier lernen wir das.“
Wer kann Mitglied werden? „Einfach mitmachen“
Um Teil des Chors zu werden, sollte man zu einer Chorprobe kommen. „Einfach mitmachen oder zuhören, ohne Vorbereitung“, sagt Stahnke. Falls es einem Interessenten im Chor gefällt und er weitermachen möchte, muss er sich in der Musikschule anmelden. „Die meisten bleiben dabei.“